Im Land der lustigen Wortaneinanderreiher

Heute ist Weltumwelttag. Fällt etwas auf? Zweimal Welt in einem Wort – ja das ist unglücklich. Ich meine aber etwas anderes: Das hemmungslose Aneinanderreihen von Wörtern in der deutschen Sprache. So könnte der Weltumwelttag auch ein Welt-um-Welt-Tag sein oder ein Weltum-Welttag (wo oder was auch immer Weltum ist), oder korrekterweise der Welt-Umwelttag bzw. Welt-Umwelt-Tag.

 

Laut Duden-Regel 21 ist es nämlich so: „Zur Hervorhebung einzelner Bestandteile von Zusammensetzungen und Ableitungen kann ein Bindestrich gesetzt werden“.

 

So weit, so gut (warum man „soweit“ auch zusammen schreibt, ist an anderer Stelle im Duden zu finden). Aber bleiben wir bei Regel 21. Würde man diese Kann-Regel etwas häufiger anwenden, würde man nicht nur so manchem Erstklässler das Lesenlernen erleichtern, sondern auch allen Nichtdeutschen (oder Nicht-Deutschen?) den Alltag im Land der Wortaneinanderreiher erleichtern.

 

Keine Chance für Wortspalter

 

Natürlich hätten wir nicht über das „Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“ geschmunzelt, wenn der Landtag aus Mecklenburg-Vorpommern von vornherein ein „Rindfleisch-Etikettierungs-Überwachungs-Aufgaben-Übertragungs-Gesetz“ verabschiedet hätte. Allerdings wäre es bei seiner Abschaffung als längstes deutsches Wort – wie vor ein paar Tagen geschehen – niemals so prominent geworden. Lange nach dem Bekanntwerden von „Blumentopferde“ und „Urinstinkt“ durften wir nämlich unser Dasein als lustige Hauptwortverbinder endlich einmal wieder pflegen und öffentlich belächeln.          

 

Dabei ist die Sache eigentlich todernst. Regel 47 bis 66 des Duden Wörterbuchs beschäftigen sich allein mit der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Bindestrich beherrscht Regel 21 bis 31 – also knapp dreißig Regeln für ein Problem, das eigentlich keines wäre.

Wie gut haben es die Engländer. Die leisten sich einfach mehrere Worte. Drei Wörter für den Weltumwelttag (World Environment Day) und sogar vier für den Weltnichtrauchertag (World No Tobacco Day). Und das Dingsda-Gesetz wäre vermutlich ein Beef Labelling Control Assignment Law. Wie einfach.

 

Leute, kauft „Tieffußbettpantoletten“

 

Dass unsere  Monsterreihenwörter zu Deutschland gehören wie Gartenzwergfreunde und Kuckucksuhrmanufakturen, zeigt auch der jüngste Aldi-Nord-Prospekt (Beim Aldi-Nord-Prospekt sind laut Duden Regel 26 Bindestriche zwingend vorgeschrieben) zu den Angeboten vom Montag. Ein wahres Meisterwerk der Bindestrich-Verwirrung: So gibt es „Rasendünger“ aber „Blumen-Dünger“ – mal mit und mal ohne Bindestrich. Einen „Funk-Reisewecker“ aber ein „Taschenfernglas“, ein „Reise-Mitbringspiel“, aber – achtung – „Tieffußbettpantoletten“. Letztere hätten doch bitteschön mindestens einen Bindestrich verdient oder?

 

So, jetzt ist aber Schluss mit der Substantivkopplungskritik. Allen noch einen schönen Restweltumwelttag.

Aldi: Mal Wortaneinanderreiher, mal Wort-Spalter
Aldi: Mal Wortaneinanderreiher, mal Wort-Spalter

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Kommentare: 1
  • #1

    Olli (Mittwoch, 05 Juni 2013 17:29)

    Ich fürchte, trotz aller Dudenregeln ist das alles Geschmackssache oder hat auch etwas mit Sprachgefühl zu tun. Denn zu den Wortaneinanderreihern gehören sicher auch diejenigen, die neben dem Deppenapostroph inzwischen auch den Deppen-Binde-Strich und das Deppen Leer Zeichen auf den Index gesetzt haben... ;-)